Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Hans Hautmann: Der Widerstandskampf der KommunistInnen

Wir haben uns versammelt, um eine Gedenktafel für die 42 österreichischen Antifaschisten zu enthüllen, die am 28. April 1945, wenige Tage vor der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen, in die Gaskammer getrieben und ermordet wurden. Das geschah auf ausdrücklichen Befehl des NS-Gauleiters von Oberdonau, Eigruber, mit der Begründung, dass das wiedererstandene Österreich keine aufbauwilligen Kräfte vorfinden solle.

Die meisten der 42 Ermordeten waren Kommunisten. Der Widerstand österreichischer Kommunistinnen und Kommunisten war zahlenmäßig der weitaus stärkste von allen politischen Gruppen. Von den Tausenden Verfahren der besonderen Senate der Oberlandesgerichte und des Volksgerichtshofes betrafen mehr als 80 Prozent der Verfahren gegen organisierte Widerstandskämpfer Kommunistinnen und Kommunisten.

Die Tagesberichte der Gestapoleitstellen und die des Sicherheitsdienstes der SS sind voll von Meldungen über Aktivitäten und Festnahmen kommunistischer Parteigänger. Die illegalen Druckwerke – Flugblätter, Broschüren – sind, wie aus der einschlägigen Kartei des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes hervorgeht, zu 90 Prozent kommunistischer Herkunft. Tatsache ist also, dass der organisierte Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu vier Fünftel von den Kommunisten getragen wurde.

Diese Zahlen zeigen uns, dass die österreichischen Kommunistinnen und Kommunisten das Rückgrat des Widerstandes waren, dass die NS-Terrormaschinerie die Kommunisten am erbittertsten und gründlichsten bekämpfte und dass die Kommunistinnen und Kommunisten auch die weitaus meisten Opfer im Widerstandskampf zu beklagen hatten.

Was befähigte die Kommunistinnen und Kommunisten dazu, diese historische Rolle zu spielen und diesen Beitrag zum Wiedererstehen der demokratischen Republik Österreich, für die Souveränität und Unabhängigkeit unseres Staates zu leisten?

Die KPÖ war schon seit dem 26. Mai 1933, als sie von der Regierung Dollfuß verboten wurde, im Untergrund tätig. Durch die Ereignisse des Februar 1934 erlebte sie einen starken Zustrom aus den Reihen der Sozialdemokratie und entwickelte sich von einer kleinen Partei zu einem tragenden politischen Faktor innerhalb der illegalen Arbeiterbewegung der Jahre 1934 bis 1938. Entscheidend war, dass sie – basierend auf den theoretischen Arbeiten von Alfred Klahr – seit 1937 den Gedanken einer eigenständigen österreichischen Nation propagierte und damit jene feste Orientierung besaß, die sie in der Zeit der NS-Herrschaft befähigte, dem Widerstandskampf ein klares Ziel zu geben: die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Österreichs, eine Aufgabe, die sich auch die Alliierten in der Moskauer Deklaration vom Oktober 1943 stellten.

Der überproportional große Anteil der österreichischen Kommunistinnen und Kommunisten am organisierten politischen Widerstand gegen das verbrecherische Unrechtsregime der Nationalsozialisten war und ist den anderen Parteien der Zweiten Republik peinlich. Nicht nur deshalb, weil sie, viel größer, sich damit nicht messen können, sondern auch, weil der Appell der Mächte der Anti-Hitler-Koalition in der Moskauer Deklaration an das österreichische Volk, selbst einen Beitrag zu seiner Befreiung zu leisten, weit stärker von den Kommunistinnen und Kommunisten erfüllt wurde als von ihnen selbst.

Man hat daher den Widerstandskampf der KPÖ im Zeichen des sehr bald wieder auflebenden Antikommunismus in der Zweiten Republik nie wirklich in seiner Bedeutung gewürdigt, ja ihn zu verleumden versucht als Kampf nicht für die Demokratie, sondern für eine andere „totalitäre“ Gesellschaftsordnung. Da alle historischen Tatsachen dem Lügen strafen, hat man einen anderen Vorwurf erhoben: Dass der Widerstand der Kommunisten viel zu vielen Menschen das Leben gekostet hat, dass man leichtsinnig die wertvollen Kader opferte. Man ging sogar so weit, ihnen überhaupt ihren Widerstandskampf vorzuwerfen, weil dieser Menschenleben forderte.

Jene, die scheinbar den Widerstand gegen die Hitlerdiktatur anerkennen – nur nicht in der von den Kommunistinnen und Kommunisten geleisteten Form – vergessen dabei, dass in der Geschichte der Klassenkämpfe von den Herrschenden immer die physische Vernichtung als Mittel gegen die Beherrschten, Unterdrückten und Ausgebeuteten eingesetzt wurde. Wenn seinerzeit ein Politiker wie Bruno Kreisky sagte, dass es „nützlicher und wichtiger“ sei, „statt für eine Idee zu sterben, für sie zu leben“, dann zeigt das nur die Ferne zur Realität des Klassenkampfes und wirft die Frage auf, was dann von der Solidarität übrig bleibt.

Zu unterstellen, die kommunistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer hätten es gleichsam darauf abgesehen, unter dem Fallbeil der Nazihenker zu sterben, verfälscht die Motivation ihres Kampfes gegen den Faschismus. Die Kommunistinnen und Kommunisten waren keine Selbstmörder. Sie wollten leben und überleben, sie wollten gemeinsam mit allen vom Hitlerfaschismus verfolgten Menschen und Völkern eine neue Welt der Freiheit und Solidarität aufbauen. Das konnte aber nur im Kampf und durch die Tat geschehen und nicht durch die Pflege einer Idee allein. Nicht zuletzt zeigte der Zweite Weltkrieg, in dem die Sowjetunion, an der Spitze der Antihitler-Koalition stehend, mehr als 20 Millionen Opfer zu beklagen hatte, dass es im Kampf gegen den Nationalsozialismus keine „lebensschonende“ Alternative gab.

Der Widerstandskampf der Kommunistinnen und Kommunisten war das Resultat ihrer Fähigkeit, mit ihrer materialistisch-dialektischen Methode geschichtliche Vorgänge und Zusammenhänge zu erkennen. Alfred Klahr, der auch sein Leben im Kampf gegen die NS-Diktatur ließ, ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Die Kommunistinnen und Kommunisten waren dadurch imstande, im Einklang mit den historischen Gesetzmäßigkeiten ihrer Epoche zu handeln und mit ihrer Voraussage recht zu behalten, die sie schon in ihrem Aufruf vom 12. März 1938 machten: dass Österreich wiedererstehen werde.

Der Widerstandskampf der Kommunistinnen und Kommunisten war aber auch Ausdruck eines humanistischen Auftrags und einer moralischen Pflicht, einzutreten für eine Welt ohne Ausbeutung und Knechtung, eine Welt des Friedens und des Glücks für die ganze Menschheit.

Die 42 Antifaschisten, für die wir heute die Gedenktafel enthüllen, sind für diese Ziele und diese großen Ideale eingetreten.

Ehre ihrem Andenken!

Rede bei der Gedenktafel-Enthüllung in Mauthausen am 28. Oktober 2001

 

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