Klahr    Alfred Klahr Gesellschaft

Verein zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung

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Karl Heinz Jahnke: Bruno Dubber („Walter“) 1910–1944

Zu seinem 60. Todestag

Menschen, die ihr Leben verloren haben, weil sie gegen Faschismus und Krieg kämpften, dürfen nicht vergessen werden: Am 6. Mai jährt sich zum 60. Mal der Tag, an dem Bruno Dubber im Zuchthaus Oslebshausen bei Bremen elend zu Grunde ging. Dieses Datum bietet den Anlass, um an einen deutschen Kommunisten zu erinnern, der zwischen 1934 und 1938 im österreichischen antifaschistischen Widerstand zunächst im Kommunistischen Jugendverband (KJVÖ) und dann in der Kommunistischen Partei (KPÖ) eine wesentliche Rolle gespielt hat.
Als er im Herbst 1934 als Instrukteur der Kommunistischen Jugendinternationale (KJI) nach Österreich entsandt wurde, war Bruno Dubber knapp 24 Jahre alt. Den meisten Österreichern, die ihn kennen lernten, ist er nicht unter seinem richtigen Namen, sondern unter „Walter“ bekannt geworden. Trotz seiner Jugend verfügte er über umfangreiche Erfahrungen in der politischen Arbeit.
Bruno Dubber ist am 11. November 1910 in Hamburg geboren worden. In seinem Elternhaus wurde er fortschrittlich erzogen. Früh fand er Kontakt zur kommunistischen Bewegung. Als Schüler schloss er sich dem Jung-Spartakus-Bund und einem Arbeitersportverein an. In einer Metallfabrik erlernte der Junge später den Beruf eines Drehers. In dieser Zeit organisierte er sich in der Gewerkschaft und im Kommunistischen Jugendverband (KJVD). Weil der 17-Jährige als Vorsitzender des Schülerrates der Städtischen Berufsschule für das Metallgewerbe an der Spitze eines Lehrlingsstreiks stand, wurde er aus der Lehre entlassen und von der Schule geworfen. Danach gelang es ihm nicht mehr, einen festen Arbeitsplatz zu bekommen. Der KJVD wurde jetzt zu seiner Hauptwirkungsstätte. Bereits mit 18 Jahren übernahm er leitende Funktionen in der Bezirksleitung Wasserkante. 1929 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Bezirksorganisation. 
Weil er im August 1929 zu den Organisatoren einer Demonstration gegen den Aufmarsch des antirepublikanischen Stahlhelms gehörte, wurde Bruno Dubber verhaftet und drei Monate in Untersuchungshaft festgehalten. Als 1930 das Verfahren wieder aufgenommen und gegen ihn eine 10-monatige Haftstrafe verhängt wurde, ging er in die Illegalität. Durch Vermittlung der Zentrale der KPD bekam er Papiere auf den Namen Walter Kardolin und wurde zur politischen Arbeit im KJVD in Sachsen eingesetzt. Es gelang ihm schnell Vertrauen zu gewinnen. Ab 1. Dezember 1930 stand er als Politischer Leiter an der Spitze der Bezirksorganisation. Zu diesem Zeitpunkt wurde er auch in das Zentralkomitee des Jugendverbandes kooptiert. 
Über ein Jahr hat Bruno Dubber erfolgreich in Sachsen gearbeitet. Der Einsatz für die stark unter der Weltwirtschaftskrise leidende werktätige Jugend und die Auseinadersetzungen mit der immer mehr an Einfluss gewinnenden Nazibewegung standen im Mittelpunkt seines Tuns.
Ende 1931 erfolgte die Abberufung ins Zentralkomitee nach Berlin. Ab 1. Februar 1932 ist der 21-jährige Org-Sekretär des KJVD. In einer sehr angespannten Situation wurde ihm hohe Verantwortung übertragen. Er war bemüht, ihr gerecht zu werden. Dies war dadurch erschwert, daß zu dieser Zeit in der Führung des Jugendverbands heftige Auseinandersetzungen stattfanden. Da er zeitweilig Heinz Neumann und Kurt Müller folgte, die im Gegensatz zu Ernst Thälmann und der Mehrheit der Parteiführung standen, wurde Bruno Dubber Anfang 1933 seiner Funktion enthoben und später aus dem Zentralkomitee ausgeschlossen. 
Die Führung der KPD veranlasste, dass er zur „Umerziehung“ in die Sowjetunion kam. Hier war er von Mai 1933 bis August 1934. Zehn Monate verbrachte er im Ural in der Stadt Swerdlowsk, wo er als Dreher in dem Industriezentrum „Uralmasch“ arbeitete. Aufgrund seines fachlichen Könnens und seiner kameradschaftlichen Haltung fand er bald allgemeine Anerkennung und Achtung. Er wurde Leiter des Jugendaktivs. Besonders setzte er sich für die Interessen der damals in großer Zahl in Swerdlowsk arbeitenden Ausländer ein. 
Im April 1934 wurde der 23-Jährige durch das Exekutivkomitee der KJI nach Moskau zurückgerufen. Er hatte offenbar alle „Prüfungen“ bestanden. Im Zentrum stand jetzt die Vorbereitung auf einen Einsatz in einem Land außerhalb der UdSSR. Er hoffte darauf, nach Deutschland zurückkehren zu können, um am illegalen Widerstand gegen das Hitlerregime teilzunehmen. Ende Juli muß die Entscheidung gefallen sein, daß der künftige Einsatzort nicht Deutschland, sondern Österreich sein sollte. 
Im September 1934 kam „Walter“ in Graz an, und ab November war er in Wien. Seine Hauptaufgabe bestand darin, dem KJVÖ zu helfen, sich unter den Bedingungen der Illegalität neu zu formieren. Bis Anfang 1934 war dieser nur eine kleine Organisation mit ungefähr 1200 Mitgliedern. Unter dem Einfluß der Februarkämpfe 1934 kam es zu einer deutlichen Linksentwicklung, die auch die Arbeiterjugendbewegung nachhaltig beeinflusste. Zahlreiche Mitglieder der SAJ gingen zum KJVÖ über. Im Herbst 1934 vereinigte der Verband zwischen 13.000 und15.000 Mitglieder. Daraus entstanden nicht leicht zu bewältigende Aufgaben. Neben der organisatorischen Festigung galt es ein Programm auszuarbeiten, das den Interessen der arbeitenden Jugend Rechnung trug und möglichst breite Kreise der jungen Generation in den Kampf gegen den Austrofaschismus einbezog.
In kurzer Zeit gelang es Bruno Dubber, sich einen Einblick in die Situation zu verschaffen. Seine Erfahrungen aus den Kämpfen in Deutschland waren nützlich. Aufgrund seiner freundlichen optimistischen Haltung fand er bald Kontakt und Zuspruch. Lotte Hümbelin (damals Bindl) arbeitete 1934 wie Hedy Urach und Leo Gabler in der Leitung des KJVÖ mit ihm zusammen. Sie hat mir später über ihr Bild von „Walter“ berichtet:
„Ich kannte ihn nur aus der kurzen Zeit der illegalen Tätigkeit 1934... Ich glaube, es hat niemanden gegeben, der nicht den menschlichen Wert und die Liebenswürdigkeit dieses jungen Menschen empfunden hat... Er war heiter, ein guter Kamerad, bereit, mit jedem von gleich zu gleich zu diskutieren, auch nicht der geringste Hauch von Überheblichkeit und Besserwisserei war an ihm.“1
Engste Mitarbeiterin von Bruno Dubber war die 18-jährige Wienerin Toni Stanzel. Zusammen mit ihren Eltern hatte sie 1934 den Platz in der kommunistischen Bewegung gefunden – vorher waren sie Anhänger der SPÖ. Die Familie half „Walter“, schnell in Wien heimisch zu werden. Zwischen Toni und „Walter“ entwickelte sich eine enge freundschaftliche Beziehung, die auch für die politische Tätigkeit der beiden von besonderem Nutzen war.2
Im Juli 1935 traf den KJVÖ ein schwerer Schlag. Zahlreiche Funktionäre wurden verhaftet. Darunter war auch Toni Stanzel. Sie wurde fast ein Jahr im Gefängnis festgehalten. Aus dieser Zeit stammen viele aufschlussreiche Briefe und Tagebuchaufzeichnungen von Bruno Dubber, die auch belegen, wie weit danach sein Einfluss in der Führung des Jugendverbands schon reichte. So trug er am 31. Juli 1935 in sein Tagebuch ein:
„Heute habe ich alle mir bekannten Verbindungen aufgesucht, um zu helfen, daß alles so schnell wie möglich reorganisiert wird. Einiges haben wir zustande gebracht, aber bis alles funktionieren wird, wird es noch eine Weile dauern.“3
1936 gehörte Bruno Dubber zu den leitenden Funktionären im Zentralkomitee. Besonders deutlich wird seine Rolle Ostern 1937 auf der illegalen Reichskonferenz des KJVÖ, die vom 26. bis 29. März in Prag stattfand. Er war sowohl mit für die organisatorische als auch inhaltliche Vorbereitung zuständig, hat maßgeblich am Hauptreferat und später am Protokoll der Konferenz gearbeitet. Zusammen mit Ernst Burger und Ludwig Schmidt übernahm Bruno Dubber nunmehr die Leitung des österreichischen Jugendverbands. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Verantwortung für die Redaktion der Zeitung Proletarierjugend.
Nach der Konferenz konnte Bruno Dubber nicht nach Wien zurückkehren. Er hatte verschiedene Aufgaben in Prag, teils bereits im Auftrag der KPÖ, zu erfüllen. In dieser Zeit entstand eine enge freundschaftliche Bindung zum Vorsitzenden der KPÖ, Johann Koplenig. 
Der Historiker, Prof. Dr. Herbert Steiner, der damals Mitglied des Jugendverbands war, erinnerte sich später an einzelne Begegnungen mit dem Norddeutschen:
„In den Jahren 1934 bis 1938 lernten ihn viele Genossen im Kommunistischen Jugendverband Österreichs kennen, schätzen und lieben. Er sprach bei den illegalen Schulungen im Wienerwald und niemand wird seine zuversichtliche und gewinnende Art vergessen, mit der er es verstand, die schwierigsten Fragen für Jugendliche leicht verständlich darzustellen. Wir kannten ihn unter dem Namen ‚Walter‘. Seine Aussprache verriet, daß er Deutscher war, aber vielmehr wussten wir über ihn nicht. Wir gewannen ihn rasch lieb, er sang mit uns die verbotenen Arbeiterlieder, er erwies sich als guter Sportler, er kannte unsere Probleme und Sorgen...“4
Als Ende 1937 die Gefahr des gewaltsamen Anschlusses Österreichs an Hitlerdeutschland immer mehr zunahm, organisierte die KPÖ den Widerstand dagegen. Dies geschah aus der Illegalität heraus. Die Leitung der Partei in Wien bildeten damals Franz West, Hans Pointner und Bruno Dubber. Sie waren auch für Protestaktionen unmittelbar um den 12. März 1938 verantwortlich, als die Hitlerwehrmacht Österreich besetzte.
Weil die Verhaftung drohte, musste die Landesleitung Mitte April 1938 Wien verlassen. Bruno Dubber kam nach Prag. Dort war er in der Auslandsleitung der KPÖ tätig. Diese erteilte ihm im September 1938 den Auftrag, nach Österreich zurückzukehren. Zwei Monate, vom 14. September bis 14 November 1938, hatte er maßgeblichen Anteil an der Neuorganisierung der Partei in Wien und anderen Bezirken. Von ihm stammen, von Oktober und November 1938, mehrere Berichte und Einschätzungen, u.a. über die Lage der KPÖ und die Situation in der Widerstandsbewegung in Wien und Oberösterreich, über das Verhältnis der katholischen Kirche zur NSDAP sowie über die Situation unter der Jugend. Er ist Mitverfasser des „Brief(es) an alle Jugend- und Parteileitungen“. Franz West hat später über diese Zeit berichtet: 
„Walter blieb während der Jahre der Heimwehrdiktatur in Österreich; aus dem Organisator der kommunistischen Jugend wurde ein Funktionär der Partei, und als die deutschen Nazis Österreich besetzten, stand er an führender Stelle im Kampf für die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs. Aus diesem Kampf wurde er am 14. November 1938 durch seine Verhaftung herausgerissen.“5
Bei einem illegalen Treff im Café „Westend“ erfolgte am Nachmittag des 14. November 1938 die Festnahme. Sie stand in Verbindung mit einer Großaktion der Gestapo gegen die KPÖ. In dem Lagebericht der Gestapo vom November 1938 heißt es in diesem Zusammenhang:
„Auf Grund einer Monate hindurch durchgeführten unauffälligen Beobachtung aktiv tätiger Kommunisten, gelang es im abgelaufenen Berichtsmonate, einen Teil der Organisation der KPÖ aufzudecken und eine Anzahl führender Kommunisten festzunehmen. Unter diesen befinden sich, wie im einzelnen abgesondert berichtet wurde, die Hauptorganisatoren der KPÖ, Bruno Dubber und Josef Csarmann... Insgesamt wurden bisher 44 Personen festgenommen.“6
Bruno Dubber kam in das Wiener Polizeigefängnis Rossauerlände. Die Gestapo und die NS-Justiz wussten, daß er über die illegale Organisation informiert war. Sie wollten von ihm ein umfassendes Geständnis erzwingen. Deshalb wurde er in den ersten Haftwochen immer wieder brutal misshandelt. Bruno Dubber hat am 10. Dezember 1939 in einer Eingabe an den Ermittlungsrichter beim Volksgerichtshof Wien detailliert darüber berichtet:
„Es wechselten in ständiger Reihenfolge Faustschläge ins Gesicht, Ohrfeigen, Fußtritte, dann wurde ich wieder von einem hinter mir stehenden Herrn derart gestoßen, daß ich auf den Fußboden fiel, da das Wiederaufstehen mit großen Schwierigkeiten verbunden war, weil meine beiden Hände ja gefesselt waren, so zog man mich unter dem Gelächter der gesamten Anwesenden an den Haaren und am Rockkragen wieder aufwärts.“7
Trotz dieses Martyriums blieb Bruno Dubber standhaft. Er gab nur zu, was seine Peiniger schon wussten. Ungebrochen erklärte er nach 13 Monaten Haft dem Ermittlungsrichter: 
„Man kann die Weltanschauung des anderen annehmen oder ablehnen, aber den Vertreter einer anderen Weltanschauung zu prügeln, zu misshandeln, zu quälen, zu beschimpfen, das wird niemals zum Ziel führen, das hat den Glauben an die Richtigkeit unserer politischen Auffassungen nur noch bekräftigt, mit Prügel und Quälereien, mit Feuer und Schwert, kann man keine Weltanschauung ausrotten und erst recht keine Arbeiterbewegung...“8
Zu den Schikanen ihm gegenüber zählten bis Mai 1940 Einzelhaft Weiter durfte er bis August 1939 keine Bücher aus der Anstaltsbibliothek erhalten und auch keine Pakete empfangen. 
Sehr wichtig für ihn war in diesen Wochen die Post, die er von Toni Stanzel, ihren Eltern sowie von seinen Verwandten aus Hamburg erhielt. 
Mit großer Selbstdisziplin tat Bruno Dubber viel dafür, sich körperlich und geistig gesund und frisch zu halten. Regelmäßig machte er zweimal am Tag Gymnastik. Nachdem ihm in der Haftanstalt des Landgerichts die Genehmigung erteilt worden war, Bücher zu lesen, tat er dies ausgiebig. Mit Eifer lernte er Englisch und Russisch und betrieb Studien zu mehreren Wissensgebieten, u.a. zur Geschichte, Philosophie, Ökonomie und Geographie. Jeden Papierschnipsel, vor allem Zeitungsränder, bewahrte er sorgfältig auf, um darauf Notizen zu machen.
Zu keiner Zeit hat Bruno Dubber den Widerstand gegen das NS-Regime aufgegeben. Auch in der Haftanstalt des Wiener Landgerichts versuchte er, in diesem Sinne tätig zu sein. So verfasste er mehrere Schulungsbriefe, um andere politische Gefangene aufzuklären und moralisch zu stärken. Mehrere Monate blieb dies unentdeckt. Erst am 17. September 1940 kam die Gestapo dem Kreis um Bruno Dubber auf die Spur. Als er bei einem Verhör gefragt wurde, warum er Schulungsbriefe verfasst habe, lautete die Antwort:
„Unter den in Frage kommenden Personen befinden sich solche, die keine Zeitungen halten und über das Weltgeschehen nicht unterrichtet sind. Ich wollte sie daher informieren, zumal ich von einigen gebeten worden bin, zu der einen oder anderen Frage Stellung zu nehmen.“9
Jetzt kam Bruno Dubber wieder in Einzelhaft. Am 26. November 1940 erfolgte die Überführung von Wien nach Berlin, in die Haftanstalt Moabit. In Kürze sollte vor dem Volksgerichtshof ein Prozess gegen Bruno Dubber und andere österreichische Antifaschisten beginnen.
Erhalten geblieben ist ein Brief an die Eltern in Hamburg vom 22. Dezember 1940, wo er Bilanz über das Jahr 1940 zieht. Deutlich wird die Hoffnung auf Veränderungen im Jahre 1941.
„Wenn ich auch im 41er Jahr für mich persönlich an keine wesentliche Veränderung glaube, mich immer noch gedulden, weiter aushalten, ausharren und durchhalten muß, so habe ich doch einen Wunsch, daß die Völker Europas, daß die ganze Menschheit einen gewaltigen Schritt auf dem Wege zu einem dauerhaften Frieden, zu Glück und Wohlstand zurücklegen mögen.“10
Am 29. März 1941 erhielt Bruno Dubber die Anklageschrift. Bereits am 10. April übergab er dazu eine an den Präsidenten des 2. Senats gerichtete 23 Seiten lange Stellungnahme.11 
Am 12. und 13. Mai 1941 wurde vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofes in Berlin gegen sechs Funktionäre der KPÖ verhandelt, die 1938 maßgeblichen Anteil an der Organisierung des Widerstandes in Wien und Umgebung hatten.12 Bruno Dubber erhielt die Höchststrafe: lebenslänglich Zuchthaus. Während des Prozesses hatte er entschlossen die Ziele des österreichischen Widerstands gegen die von Deutschland aufgezwungene NS-Diktatur verteidigt. Gleichzeitig war er bemüht, den wahren Umfang der illegalen Tätigkeit zu verdecken. In dem Urteil gegen ihn heißt es dazu:
„Er hat sich während des ganzen Verfahrens bemüht, durch Aussageverweigerung, bewusste Irreführung, Widerruf früherer Teilgeständnisse und Ableugnung klarer Tatbestände den Sachverhalt zu verwirren und zu verschleiern. Er hat die Untersuchung in jeder Weise erschwert und gehemmt; Zugeständnisse hat er nur gemacht, wenn er eindeutig überführt war.“13
Bei der Begründung des Urteils wurde zur Charakterisierung seiner Persönlichkeit festgestellt:
„Der Angeklagte ist ein geistig hoch veranlagter Mensch, der ein nützliches Glied der Volksgemeinschaft hätte sein können, wenn er sich im Rahmen der Gedankenwelt dieser Volksgemeinschaft gehalten hätte. Er hat sich aber mit allem Vorbedacht in den Dienst des Kommunismus gestellt... Der Senat erachtet es für seine Pflicht, das deutsche Volk vor diesem gefährlichen Feind seines inneren Friedens zu behüten, und hat deswegen gegen Dubber auf lebenslängliche Zuchthausstrafe erkannt.“14
Am 16. Juli 1941 wurde Bruno Dubber in das Zuchthaus Oslebshausen bei Bremen eingeliefert. Hier wurde ihm erneut Einzelhaft verordnet. Trotz allem blieb er ungebrochen und suchte sich intensiv auf ein Leben nach dem Sieg über Faschismus und Krieg vorzubereiten. Seine Briefe sind dafür überzeugende Beweise. So schrieb er am 15. Februar 1942 an die Eltern seiner österreichischen Lebensgefährtin, an Familie Stanzel in Wien:
„Voll Vertrauen blicke ich in die Zukunft. Ich glaube nicht nur an die Wiederkehr von Frieden und Freiheit, sondern diese Auffassung baut sich auf ein festes, fundiertes Wissen auf.“15
Zum 26. Geburtstag von Toni Stanzel schrieb er am 21. Juni 1942:
„Du darfst nicht glauben, daß sich in der Abgeschlossenheit eines Gefängnislebens nichts ereignet... Mein theoretisches Wissen konnte ich bedeutend vertiefen und verbreitern, Weltgeschichte und Geschichte der einzelnen Völker habe ich begonnen zu studieren, Nationalökonomie, zahlreiche Klassiker sowie Weltliteratur habe ich lesen können. Englisch habe ich gelernt und vieles andere mehr...“16
Am 11. April 1943 teilte Bruno Dubber seiner Schwiegermutter, Antonia Stanzel, in Wien mit:
„So gut es geht, versuche ich die Zeit zu nützen, an mir zu arbeiten, mich zu vervollkommnen und mich für meinen künftigen Beruf vorzubereiten. Ich bin voller Erwartungen und Hoffnungen.“17
Aufmerksam verfolgte er den Kriegsverlauf und war fest überzeugt von der Niederlage des faschistischen Mächteblocks. Unbedingt wollte er beim Neuanfang dabei sein. Dies war ihm aber nicht vergönnt. Infolge von über fünfeinhalb Jahren Gefangenschaft, den größten Teil in Einzelhaft, der schlechten Ernährung und wenig Bewegung an frischer Luft erkrankte Bruno Dubber Anfang 1944 an Tuberkulose und ist am Morgen des 6. Mai 1944 im Zuchthaus Oslebshausen gestorben.
Heute erinnert in Wien und Hamburg fast nichts mehr an diesen liebenswerten, tapferen Menschen. Sein 60. Todestag könnte dazu anregen, dies zu ändern.

Anmerkungen:
1/ Brief von Lotte Hümbelin an Karl Heinz Jahnke, Zürich, 8.9.1987
2/ Toni Ruzicka geb. Stanzel hat bedeutende Teile des Nachlasses von Bruno Dubber bewahrt. Dazu gehören auch zahlreiche Briefe, die zwischen ihnen und den Familien zwischen 1935 und 1944 ausgetauscht worden sind. In meinem Buch „Ein ungewöhnliches Leben: Bruno Dubber 1910–1944“ (Hamburg 1990) habe ich einen Teil der Briefe und andere Dokumente veröffentlicht. Toni Ruzicka ist am 7. Februar 2004 im Alter von 87 Jahren in Wien verstorben.
3/ Karl Heinz Jahnke. Ein ungewöhnliches Leben, S. 23
4/ Ebenda, S. 27
5/ Franz West. Ein Deutscher starb für Österreichs Freiheit, in: Volksstimme, 28.11.1954, S. 11
6/ Karl Heinz Jahnke. Ein ungewöhnliches Leben, S. 92 f.
7/ Ebenda, S. 105
8/ Ebenda, S. 107
9/ Ebenda, S. 110
10/ Ebenda, S. 48
11/ Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien, 1365a
12/ Dies waren Josef Czarmann, Friederike Christoph, Bruno Dubber, Regine Kästenbauer, Leopold Kuhn und Josef Müller.
13/ Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien, 1365c, Bl. 18
14/ Ebenda, Bl. 23 f.
15/ Karl Heinz Jahnke. Ein ungewöhnliches Leben, S. 137
16/ Ebenda, S. 57
17/ Ebenda, S. 59 f.

Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, Nr. 2/2004

 

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